Liegt ein Ion vor, so wird dessen Ladung gleich zu Beginn der Betrachtung berücksichtigt. Beispiele sind die von ClF3 abgeleiteten Ionen ClF4+ und ClF4−, zuerst ClF4+. Die erste Frage lautet immer: liegt das Zentralelement in der höchsten Oxidationsstufe vor? Wenn nein, so wie hier, weiter:
• Bilde 2e-2z-Bindungen; die Ladung des gesamten Ions wird an dieser Stelle berücksichtigt, indem von Cl+ ausgegangen wird.
• Bilde 4e-3z-Bindungen mit den restlichen Substituenten.
• Wenn man möchte: bilde die Lewis-Formel:
Die Analyse ergibt für das ClF4+-Ion einen wippenartigen Aufbau (ein Oktaeder, dem zwei benachbarte Ecken fehlen). Die Strukturanalyse an Kristallen eines ClF4[SbF6] bestätigt die wippenartige Struktur:
Die Cl-F-Bindungen sind bei den einander gegenüberliegenden F-Atomen im Einklang mit der geringeren kovalenten Bindungsordnung größer, der zugehörige F-Cl-F-Winkel ist nahe bei 180°. Der F-Cl-F-Winkel bei den 2e-2z-Bindungen ist merklich größer als 90° und deutet auf die Vereinfachungen des Modells hin (die gröbste in diesem Fall: dass das Cl(3s)-Orbital von den Bindungen zu den Fluor-Substituenten ausgeschlossen wurde).
Dieselben Schritte führen für das ClF4−-Ion zu einer quadratisch planaren Struktur:
Die kovalente Bindungsordnung aller Cl-F-Bindungen ist hier ½. Auch hier bestätigt die Strukturanalyse die Vorhersage. Als mittlere Bindungslänge wird dabei 179 pm ermittelt, was einer deutlichen Aufweitung gegenüber einer 2e-2z-Bindung zwischen Chlor und Fluor entspricht.